Ich sitze hier im skate-aid Hostel in der Nähe von Butwal, Nepal, in der Kälte und trinke meinen Morgenkaffee im Januarnebel. Der Morgen erwacht, Hähne krähen, die Luft ist kühl, die Menschen rühren sich langsam. Seit fast drei Monaten bin ich hier Volontär bei skate-aid international. Wenn ich über meine Zeit hier nachdenke, bin ich so unglaublich dankbar für diese Gelegenheit. Ich habe so viel Spaß gehabt und die Kids bringen mich jeden Tag zum Lächeln.
Wir verbringen unsere Tage damit, Chiya (nepalesischer gewürzter Milchtee) zu trinken, Dal Baht (Linsen und Reis) zu essen und zu skaten. Von Montag bis Samstag bieten wir von 16 Uhr bis zum Einbruch der Dunkelheit Skateboard-Workshops im Dhunga skate-aid Skatepark an. Vor unseren Sessions vertrieben wir uns die Zeit mit Street-Session, „Abenteuern“, Workshop-Planung und der chilligen Atmosphäre des skate-aid Hostels.
Dies war meine erste Reise nach Nepal und ich wusste nur, dass es die Heimat der Himalaya-Bergkette und des höchsten Berges der Welt ist. Es war eine ziemliche Überraschung zu erfahren, dass ich mich in Butwal nur auf etwa 280 m Höhe befinden würde. Wir waren quasi im Flachland, wo die Ausläufer in nördlicher Richtung allmählich bis zu den großen Höhen des Annapurna ansteigen. Fährt man nach Süden, gelangt man nach Indien und an die Wasserscheide des Ganges.
Der Skatepark befindet sich in Sichtweite der skate-aid-Herberge am ländlichen Stadtrand von Butwal in Tiltomatta. Butwal ist eine Stadt mit etwa 200.000 Einwohnern, aber hier draußen in Tiltomatta ist das Leben sehr geruhsam. Ziegenherden ziehen vorbei, Kühe streifen durch die Straßen, Bauern bewirtschaften ihre Felder und Fischer versuchen ihr Glück im Fluss. Man hat viel Zeit, um seine Gedanken zu sammeln, zu lesen, schreiben, zeichnen, träumen oder an einem Hobby oder Projekt zu arbeiten, Mit den einheimischen Skate-Homies werden kleine Ausflüge geplant, zum Beispiel zum Geburtsort von Buddha.
Am Nachmittag machen wir uns immer auf den Weg zum Skatepark und werden von Kindern, mit einem höflichen Namaste begrüßt, wobei sie ihre Hände aneinanderlegen, Handfläche an Handfläche. Gemeinsam wird sich dann um den Park gekümmert: zum Beispiel Müll aufgesammelt und die gefallenen Blätter und den Kies vom Skatepark weggefegt. Dann machen wir ein paar Aufwärm- und Dehnübungen, die entweder von einem Skate-Coach angeleitet werden, oder - wenn man den Kindern wirklich den Tag besonders versüßen will - von ihnen selbst durchgeführt werden. Nach dem Aufwärmen verteilen wir Safety Gear und Skateboards und dann geht es los. Die Kinder verblüffen mich jeden Tag mit ihrer Begeisterung und ihrem Talent. Sie machen schnell Fortschritte und sind begierig darauf, mehr zu lernen. Sie entwickeln nicht nur ihre technischen Fähigkeiten auf dem Skateboard, sondern wachsen auch in einem positiven, sicheren und lustigen Lernumfeld auf.
Ich hatte das Glück, 10 neue Skateboard-Decks und einen Haufen Achsen, Rollen, Lager, Grip, Hardware usw. mitzubringen, dank der guten Leute vom 35th Avenue Skate Shop, Authentic Skateboards und The Method Skateboards and Coffee.
Als Abschiedsgeschenk habe ich 2 komplette Skateboards an 2 Kids verschenkt, die sie sich definitiv verdient haben. Sie kamen jeden Tag voller Enthusiasmus zu uns. Die 2 waren besonders höflich, hilfsbereit beim Aufräumen, engagiert und sehr verliebt in das Skateboarden. Diese 2 Kids haben sich ihr erstes eigenes Skateboard verdient. Sie waren so aufgeregt! Ich kann es kaum erwarten, zu sehen, wie sie sich beim Skateboarden entwickeln.
Außerdem habe ich Mal-Utensilien für die Kinder mitgebracht und wir hatten einige wirklich lustige „Art-Sessions“ im Skatepark. Wir haben vor, die Sachen für die Bibliothek zu hinterlassen, die neben dem Skatepark gebaut werden soll. Es hat so viel Spaß gemacht, zu sehen, was die Kinder erschaffen haben, wie sie ihre Kreativität ausgelebt haben und wieviel Freude sie dabei hatten.
In meiner ersten Woche als Volontär kam ein Junge aus der Gegend zu uns und wollte Skateboarden lernen. Er war anfangs sehr schüchtern und zaghaft, mit einem eher ernsten Gesichtsausdruck. Nach ein paar Wochen Skateboarden mit uns, raste er durch den Park und lernte schon Ollies und Kickturns. Er lächelte, stand aufrechter, plauderte und interagierte mit den anderen Skateboardern. Völlig verändert. Seine Augen funkelten und er grinste, während er mit seiner Skate-Crew durch den Skatepark skatete. Skateboarden kann gefährlich sein. Leider können und werden Unfälle passieren. Ein Junge hat sich im Skatepark den Arm gebrochen. Meine jahrelange Erfahrung als Ersthelfer kam zum Tragen und ich kümmerte mich um ihn. Sein Arm war offensichtlich gebrochen und er hatte starke Schmerzen. Also fertigte ich eine behelfsmäßige Schiene aus seinem Ellbowpad an und wir brachten ihn ins Krankenhaus. Röntgenaufnahmen ergaben, dass seine Unterarmknochen gebrochen waren und zudem eine OP nötig war. Während der Junge im Krankenhaus lag, haben wir ihn besucht und immer Goodies für ihn mitgebracht.
Es wird einige Zeit dauern, bis er sich erholt hat, aber ich hoffe sehr, dass er wieder in den Skatepark zurückkehrt. Ich habe allerdings den starken Verdacht, dass er das tun wird.
Das ist eines der vielen Dinge, die man beim Skateboarden lernt. Du musst wieder aufstehen, wenn du gefallen bist. Das gehört einfach dazu, aber es liegt an einem selbst, wieder aufzustehen und weiterzumachen. Wenn alles zusammenpasst und man einen Trick endlich steht, ist das etwas ganz Besonderes. Dieser Moment mag flüchtig sein, aber er wird sich für immer in dein Gehirn einbrennen.
Es ist auch unglaublich zu sehen, dass man jemandem das Skateboarden beibringt und er es dann übernimmt und es wiederum jemand anderem beibringt. Es ist erstaunlich, wie wirkungsvoll eine einzige Verbindung sein kann und wie sie sich vervielfacht. Es ist sehr schön zu beobachten, wie die ganz jungen Kids sich gegenseitig zeigen, wie man auf dem Skateboard steht und sich fortbewegt. „Es ist wie fliegen“, habe ich die Kinder sagen hören, als ich sie fragte, wie es sich anfühlt zu skaten.
Die Kraft des Skateboardens ist etwas Magisches. Die Gelegenheit, eine Freiheit zu erleben, die sich wie Fliegen anfühlt, mit endlosen Ausdrucksmöglichkeiten und grenzenlosen Chancen für neue Erfahrungen. Ob man es in der eigenen Einfahrt oder auf der anderen Seite der Welt findet, es ist ein Lebensstil, ein Gemeinschaftsgefühl und ein Gefühl, das man nur kennt, wenn man skatet. Lasst uns alle unseren Teil dazu beitragen, anderen zu helfen, dieses Gefühl zu finden, indem wir unseren Enthusiasmus mit der nächsten Generation teilen.
Vielen Dank an skate-aid für diese großartige Gelegenheit und dafür, dass ihr das Leben von Kindern durch Skateboarding bereichert. Danke an 35th Ave Skateshop, Authentic Skateboards und The Method für den Support und dafür, dass sie die Träume einiger Kinder wahr werden lassen. Danke an die skate-aid Nepal Crew (Jagrit, Nischal, Atit, Amrit und Homies), die mich so herzlich aufgenommen haben. Eure Großzügigkeit und Freundschaft haben meinen Aufenthalt in Nepal zu einer bemerkenswerten Erfahrung gemacht.
Jonathan Jarodsky alias JJ Onkel
1/2025
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