Wenn wir an die zwei Monate in Syrien zurückdenken, dann haben wir Bilder von Kindern, viel Skateboarding, Geschrei, arabisches Essen, Rooftop-Mornings und natürlich Qudsaya und Damaskus im Kopf. Die meiste Zeit haben wir im Skatepark bei den Kids verbracht- gefühlt von morgens bis abends. Die Arbeit im Skatepark war wunderbar und herausfordernd zugleich. Viele Kids sind dort im Krieg aufgewachsen, was überall noch deutlich zu sehen und zu spüren ist. Qudsaya war eine Hochburg des IS und insbesondere die Kinder haben viel miterlebt. Meinungsverschiedenheiten oder Streitereien im Skatepark arteten daher manchmal sehr schnell in Gewalt aus. Wir mussten neben dem Skateboarden auch manchmal körperliche Präsenz zeigen, etliche Konflikte klären und immer wieder neue Regeln aufstellen. In den zwei Monaten haben wir deutlich zu spüren bekommen, welches Potential dieser Skatepark hat und inwieweit das Skateboarden als „sportliche“ Betätigung die Kids in ihrem Verhalten und ihrer Persönlichkeit reifen lässt. Durch das Skateboarden werden die Kinder und Jugendlichen gestärkt, können selbstbestimmt handeln, lernen in einer Gemeinschaft auf die Anderen Rücksicht zu nehmen, Regeln einzuhalten, Grenzen zu respektieren, sich auszuprobieren, zu fallen und wieder aufzustehen und einen respektvollen Umgang miteinander. Auch wir haben davon mitgenommen, dass Geduld und Beziehungsaufbau, so wie Sensibilität für die Kinder und ihre Lebensrealitäten, sehr wichtige Bausteine sind und nur so ein guter Zugang zu ihnen gefunden werden kann. Die Zeit in Syrien verging wie im Fluge. Wir hatten uns noch so viel vorgenommen und vieles konnten wir auch realisieren, aber es wäre noch so viel mehr möglich gewesen. Während Lari intensiv mit den Fortgeschrittenen geskatet ist, war Jana mehr für die Anfänger zuständig. Mit Wasim und Helen (syrische Volunteers) hat sie den Skatepark bemalt und neue Kunstwerke dort verewigt. Gemeinsam haben wir unser Halloween- Event, sowie unseren zweitägigen Musikvideodreh organisiert. Der war definitiv eines unserer Highlights, weil es einfach unfassbar war, wie motoviert die Kids waren, wie viele mitgemacht haben und wie cool das Endergebnis war. Und gerade als unser Arabisch einigermaßen Fortschritte gemacht hat (die Kids hatten sich schon „unsere Sprache“ angewöhnt) und wir alle Abläufe verinnerlicht und Freundschaften geschlossen hatten, mussten wir Qudsaya schon wieder verlassen. Diese Zeit war so intensiv, herausfordernd und besonders, dass wir rückblickend dankbar waren, zu zweit dort gewesen zu sein. Lari hatte bereits zwei Jahre zuvor schon für zwei Monate den Skatepark betreut. Dieses Mal hatten wir noch mehr Möglichkeiten Dinge umzusetzen, zu planen, Events zu gestalten und mehr für die Kinder da zu sein, da wir zu zweit waren und mit fünf weiteren syrischen Volunteers zusammengearbeitet haben. Der Skatepark ist ein Ort, an dem die Kinder die meiste Zeit des Tages verbringen. Hier wird geskatet, Frust rausgelassen, Freundschaften werden gepflegt und es wird gespielt, getobt und gechillt. Es ist eine Art zuhause für die Kids. Religion, Geschlecht, Hautfarbe oder soziale Herkunft spielen hier keine Rolle – was diesen Skatepark, insbesondere in einer so konservativ muslimisch geprägten Gegend, sehr besonders macht. Der Skatepark in Qudsaya ist für uns ein ganz besonderer Ort geworden. Er wurde innerhalb der zwei Monate zu unserem zu Hause.
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